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Kloster St. Johann Müstair Kloster St. Johann Müstair

Karolingische Wandmalereien geben Geheimnisse Preis

In der Heiligkreuzkapelle des Klosters St. Johann in Müstair kommen fortschrittliche Technologien zum Einsatz, um den Geheimnissen der Malerei des Frühmittelalters auf die Spur zu kommen.

Es ist nicht der berühmte Röntgenblick, doch er kommt ihm recht nahe: durch die Anwendung sogenannter multipler Spektren von sichtbarem und nicht sichtbarem Licht im Infrarot- und Ultraviolettbereich ist es möglich, unsichtbare Farb- und Malschichten auf historischen Gemälden sichtbar zu machen. Diese Methode erlaubt Einblicke in die Maltechnik der Vergangenheit, und in vielen Fällen sogar die Bestimmung der verwendeten Farbpigmente. Da sie nur Lichtwellen einsetzt, ist sie berührungs- und somit zerstörungsfrei.

Letzte Woche kam diese fortschrittliche Technologie in der Heiligkreuzkapelle in Müstair zum Einsatz. Die Kapelle, die Teil des UNESCO-Welterbes Kloster St. Johann ist, wurde zur Zeit Karls des Grossen, am Ende des 8. Jahrhunderts nach Christus, errichtet. Es handelt sich somit um eine der ältesten Kirchen Europas. Dieses wertvolle Denkmal wird seit mehreren Jahren restauriert.

Aufgrund der nahenden Fertigstellung der Restaurierungsarbeiten wurden die freigelegten Fresken aus der Karolingerzeit mit Hilfe multispektraler Aufnahmen untersucht, um die Konservierungsarbeiten zu unterstützen. Die Aufnahmen wurden von Annette Keller, einer Berliner Photographin, die unter anderem die Büste der Nofretete im Neuen Museum in Berlin sowie Werke von Raffaello und Leonardo da Vinci in Florenz und Mailand untersucht hat, durchgeführt.

Die Auswertung der Aufnahmen dauert noch an, doch es konnten bereits jetzt wertvolle neue Informationen gewonnen werden. So zeigte sich, dass der Hintergrund der Malereien, der heute grau und weiss erscheint, ursprünglich mit Ägyptisch Blau ausgemalt war, einer leuchtend dunkelblauen Farbe, die in der Antike vor allem in Ägypten hergestellt wurde. Im Mittelalter ist dieses Pigment sehr selten und wertvoll. Darüber hinaus wurden Reste von Bemalungen mit Bleipigmenten sichtbar, die heute ebenfalls vollständig verschwunden sind.

Es zeigt sich bereits aufgrund dieser provisorischen Ergebnisse, dass die Wandmalereien der Heiligkreuzkapelle komplexer waren, als heute mit blossem Auge erkennbar ist, und dass wertvolle Materialien zum Einsatz kamen, die von weit her importiert werden mussten. Dies hebt die Bedeutung der Kapelle und des Klosters im frühen Mittelalter hervor, und zeigt, dass die Künstler und Bauherren politisch und kulturell gut vernetzt waren. Die vollständige Auswertung der Aufnahmen wird bis Juni dauern. Bis dahin sind weitere Überraschungen zu erwarten.

 


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